
Arcadia, Galerie Andreas Binder, München, 15.09.-24.11.2018
Mit Arcadia präsentiert die Galerie Andreas Binder die bereits achte Einzelausstellung des Künstlers Matthias Meyer.
Standen in den vergangenen Ausstellungen oftmals die Materialität der Elemente Luft und Wasser im Spiegel von Licht und Glas als Filter der Wahrnehmung im Zentrum großformatiger Leinwandarbeiten, so wirken Meyers neue Werke in gewisser Weise geerdet.
Der die lateinischen Phrase „Et in Arcadia ego“ („Auch ich war in Arcadien“) zitierende Ausstellungstitel verweist bereits in der Vielfalt seiner Interpretationsmöglichkeiten auf eine Malerei, die in ihrer sowohl ästhetischen als auch inhaltlichen Mehrschichtigkeit die irdische Natur und Pflanzenwelt nicht allein abbildet, sondern ihre subjektive Wirkungsmacht sichtbar macht.
So erschöpft sich auch der Begriff Arcadia nicht in seiner Definition als ein symbolischer Ort, an dem der Mensch im Einklang mit der Natur lebt. Ebenso wenig lassen sich Meyers Werke an der Oberfläche Ihres Gegenstands oder ihres malerisch-technischen Duktus deuten. Vielmehr spiegelt sich in den Landschaftsgemälden und floralen Stillleben eine von postmodernen Kunstdiskursen unberührte Essenz der Malkunst wider.
In der ikonographischen Deutung steht Arcadia für einen dystopischen Raum, in dem sich der Mensch seiner Sterblichkeit bewusst ist und ihr mit dem malerischen Schaffen begegnet. Allein die Malerei ist in der Lage das Abwesende zu präsentieren und so der Vergänglichkeit entgegenzuwirken.
Und analog bilden auch Meyers Arbeiten nicht lediglich idyllische Szenerien als Ausdruck einer uneinlösbaren Sehnsucht nach paradiesischer Intaktheit ab, sondern verweisen gleichzeitig auf eine unabdingbare Konfrontation mit der Dissonanz von Ewigkeit und Endlichkeit, Utopie und Dystopie und Material und Reflexion. Beispielsweise verschwindet in Meyers Fluss- und Seenlandschaften das Motiv Wasser als Natur-, Menschheits- und Kulturgeschichte bestimmendes Element, das im stetigen Fluss die Umgebung aufnimmt, reinigt und wieder fortspült, zugunsten der Auseinandersetzung mit dessen Wesen nahezu. Es scheint, als würde der Bildgegenstand auf der Leinwand zur Spielwiese und Projektionsfläche für die künstlerische Auseinandersetzung mit den Analogien der Materialität von Natur, Malerei und dem Lebens selbst. Die Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit des Wassers, die ermöglichen, dass Licht und Umgebung gleichermaßen aufgenommen und gespiegelt werden, setzt Meyer auf der Leinwand mit durchlässigen Farbschichten um, und ermöglicht so einen Blick in das Dahinter und Darunter einer von Empfindung, Leuchtkraft und Farbe gesättigten, transzendenten Welt.
Diese intuitive Komponente ist schließlich Teil der konkreten Vorgehensweise des Künstlers: so bedient sich Meyer zwar Fotografien als Vorlage für seine Gemälde, die Ausfertigung entsteht jedoch davon losgelöst in einem improvisierenden Schaffensprozess. Er folgt dabei der Auffassung, dass sie sich die Malerei – analog zum Leben – in einem immerwährenden Fluss befindet, bei dem das Bild „ein Eigenleben entwickelt und sich dabei beinahe etwas natürliches bewahrt“. Die Arbeit mit stark verdünnter Ölfarbe und Lösungsmitteln, die zufälligen Farbverläufe, Verwischungen und Überlagerungen sind somit nicht lediglich technische Mittel zur Abbildung des Motivs.
Und dennoch können Meyers Bilder nicht gänzlich frei von zentralen Fragen des kunsttheoretischen Diskurses betrachtet werden. Die gleichzeitige Abkehr von Bildhaftigkeit und Konzeption mündet in der Praxis in ein Prinzip der Formlosigkeit, in dem die Farbe autonom eingesetzt wird. Dank dieses technisch-konzeptuellen Ansatzes, scheint es Matthias Meyer zu gelingen, nicht nur den Antagonismus zwischen Figuration und Abstraktion, sondern auch den zwischen Kunst, Natur und Leben zu überwinden (Text: Leni Senger).
Matthias Meyer (*1969) lebt und arbeitet in Mülheim an der Ruhr. Sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf schloss er als Meisterschüler bei Prof. Gerhard Richter ab. 1994 war er Gaststudent an der Londoner Chelsea College of Art, 1995 gewann er die SBC European Art Competition des Schweizerischen Bankvereins. 2015 erhielt er das Arbeitsstipendium der Konrad Adenauer Stiftung EHF 2010.
Nationale sowie internationale Ausstellungen (Auswahl): 2018 „Tiefe Wasser“, Rosenhang Museum, Weilburg; 2017 „Gläserner Tag“, Kunstmuseum Mülheim; „Bild und Bildnis“, Kunstverein Duisburg; 2015 „Drawings“, CASO, Osaka, Japan; 2014 Kunstverein Leverkusen, Schloss Morsbroich; Das flüssige Element, SØR Rusche Sammlung Oelde/Berlin, Museum Ahrenshoop, Niederlande; „2×2“, EKFF Eileen Kaminsky Family Foundation, NYC; „Vom tatsächlich Sichtbaren“, Kunstverein Duisburg; „Unlängst im Wald“, Zentrale der Bayerischen Staatsforsten, Regensburg; Inter Cool 3.0., Hartware Medienkunstverein + Künstlerhaus Wien, Dortmund; Inner Space/Outer Limits: The Vern Collective, Walker´s Point Center for the Arts, Milwaukee WI; „Landschaft entdecken“, Kunstsammlung Gera; „Maha Kumbh Mela“, Junge Kunst e.V., Wolfsburg.
Eröffnung: Freitag, 14. September 2018 ab 19 Uhr
OPEN ART: 15. & 16. September 2018 | Sa & So 11 – 18 Uhr
Dauer der Ausstellung: 15. September – 24. November 2018